21.05.2024 13:08 Uhr

Rechtsstreit Toni Polster gegen ÖFB fortgesetzt

"Ich hab' mich jahrzehntelang geärgert"

Der Zivilprozess im Rechtsstreit zwischen dem Ex-Fußballstar Toni Polster mit dem Österreichischen Fußballbund (ÖFB) um die nachträgliche Anerkennung von drei Länderspielen bzw. Toren ist am Dienstag fortgesetzt worden. Über seine Motivlage, warum der 60-Jährige nun Klage eingereicht habe, meinte er: "Ich habe mich jahrzehntelang geärgert." Er habe des Öfteren beim ÖFB moniert, aber: "Keine Reaktion."

Im Prozess vor dem Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen ging es vor allem darum, ob die drei - als inoffiziell bezeichneten - Spiele in den 1980er-Jahren einen offiziellen Charakter gehabt hätten. Erörtert wurden, wie die Einladung bzw. Einberufung der Spieler ausgesehen hätte, ob die offiziellen Dressen getragen wurden, ob die Nationalhymne des jeweiligen Landes gespielt wurde, ob FIFA-Schieds- und Linienrichter geurteilt haben, ob vor Publikum gespielt bzw. das Spiel im Fernsehen übertragen wurde und ob es Vorfeld offizielles Programm nach Protokoll, etwa Einladungen in die Botschaft, gegeben habe.

Die fraglichen Länderspiele

Der Rekordtorschütze im rot-weiß-roten Teamdress klagt nämlich die Anerkennung von drei weiteren Länderspielen ein, in denen er drei Tore erzielt hat und die derzeit als inoffizielle Matches in den Annalen stehen. Polsters Klage bezieht sich konkret auf die Partien Liechtenstein - Österreich (0:6 am 7. Juni 1984 in Vaduz, ein Polster-Tor), Tunesien - Österreich (1:3 am 7. Februar 1987 in Tunis, zwei Polster-Tore) und Marokko - Österreich (3:1 am 2. Februar 1988, kein Polster-Tor). Diese werden dem einstigen Stürmer momentan in der offiziellen Statistik nicht angerechnet. Nach derzeitigem Stand hält der Trainer des Regionalligisten Wiener Viktoria bei 95 Länderspielen und bisher unerreichten 44 Toren.

Polster beteuerte in der Vergangenheit stets, dass sein Begehren nichts damit zu tun habe, dass ihm ÖFB-Star Marko Arnautovic mit 36 Teamtreffern gefährlich nahegerückt sei. Er fürchte nicht um seinen Torrekord. "Das ist einfach eine Ungerechtigkeit, die gen Himmel stinkt und die ich korrigiert haben möchte", hatte Polster im Vorjahr zur APA gesagt. Jetzt im Prozess machte er vor allem geltend, dass die drei Tore auch seinen "Marktwert als Werbefigur steigern" würden, sagte der österreichische Torschützenkönig. "Da machen drei Tore einen Unterschied." Auf Nachfrage des Richters, ob er denn schon einmal bei Werbeverträgen mehr Geld in Aussicht bekommen hätte, wenn er diese drei Tore geschossen hätte, verneinte Polster, meinte aber, dass er dann aber mehr Geld verlangen würde.

"Es müsste den ÖFB ja stolz machen, wenn ein Torschütze drei Tore mehr hat", sagte Polster, der von Alexander Hiersche und Manfred Ainedter anwaltlich vertreten wurde. Der ÖFB argumentiert damit, dass er sich an das Regulativ der FIFA halte, wo unter Test-, Freundschafts- und Bewerbspielen unterschieden wird. "Die Spieler haben sich alle aufgeregt, weil es bei den inoffiziellen Spielen keinen Unterschied zu den anderen Spielen gab", sagte Polster. "Die Gründe haben wir nicht verstanden. Nirgendwo auf der Welt hat es inoffizielle Länderspiele gegeben", sagte der ehemalige Sportler. "Das hat kein (Lionel, Anm.) Messi gehabt und kein (Cristiano, Anm.) Ronaldo", so Polster.

"Österreich-spezifisches Thema"

Sportmanager Heinz Palme gab in der Zeugeneinvernahme an, das dies ein "österreich-spezifisches Thema" gewesen sei. Seiner Meinung nach seien diese drei Spiele die einzigen inoffiziellen gewesen. Es habe laut seiner Aussage zufolge ÖFB-intern eine Vereinbarung gegeben, dass pro Jahr nur sechs Länderspiele abgehalten werden dürfen. Palme war in den 1980er-Jahren für den ÖFB tätig.

Der ehemalige ÖFB-Generalsekretär Alfred Ludwig, berichtete, dass es diese inoffiziellen Spiele gab, um die limitierten internationalen Vorgaben der FIFA nicht zu überschreiten. Jeder Spieler sei von den Vereinen in einem bestimmten Ausmaß abgestellt worden, das galt vor allem für jene österreichischen Kicker, die bei ausländischen Vereinen aktiv waren. Deshalb sei mit der Bundesliga das Limit von sechs Spielen im Jahr seiner Erinnerung nach vereinbart worden, um dann nicht in Gefahr geraten, dass ein Spieler von seinem Club nicht abgestellt wird, wenn entscheidende Matches anstehen. Als das Spiel gegen Liechtenstein 1984 anstand, wurde überlegt, wie man vorgehe, so Ludwig. "Drei Spiele waren hinter uns und drei vor uns." Deshalb habe man über "das Hintertürl" des inoffiziellen Länderspiels in dem Fall einen Weg gefunden.

Für die ehemaligen Nationalteamspieler Andreas Ogris, Ernst Baumeister, Manfred Kern und Karl Brauneder war ein Unterschied zwischen einem offiziellen und inoffiziellen Ländermatch nicht zu erkennen. "Länderspiel ist Länderspiel", sagte etwa Ogris. Damals sei das für ihn nicht wichtig gewesen. "Für mich war wichtig, dass ich einberufen wurde und dann hab' ich gespielt." Kern und Brauneder waren sogar verwundert, dass es auch inoffizielle Spiele gab, das hätten sie jetzt erst erfahren. Baumeister berichtete, dass innerhalb der Mannschaft schon darüber gesprochen wurde. Nach seiner Erinnerung habe es auch in der Zeit vor Polster solche inoffiziellen Länderspiele mit Israel gegeben. "Wenn man sich als junger Spieler profilieren wollte, machte das aber keinen Unterschied", sagte Kern.

Im Jahr 1988 wurde neben Marokko auch die Schweiz für ein inoffizielles Match angefragt, was die Schweiz eher ablehnte. Deshalb wurde dieses Spiel offiziell anerkannt. "Das konnte sich keiner erklären", meinte Polster zu dem Prozedere. "Das war so wirr, dass sich niemand ausgekannt hat", meinte der ehemalige Fußballer. "Ich wollte zu den Besten gehören. Da kannst nicht sagen, ich bleib' zu Haus'."

Der Prozess im Justizpalast dauerte bis zum späten Nachmittag. Anträge wurden keine mehr eingebracht, das Urteil erfolgt schriftlich.

apa

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